Martina Schradi

Martina Schradi verwendet Comic als Erzähl-Form für ein gewichtiges Thema. „Ach, so ist das!?“ macht es allen leicht, ihren Horizont und ihr Wissen über Themen von LGBTI* zu erweitern. 

Anlässlich der Vienna COMIX 2018 haben wir ein Gespräch mit Martina Schradi geführt. Das Interview ist auch im Programmheft nachzulesen.

Wie ist dein Werdegang als Comic-Zeichnerin?

Martina Schradi: Als Comiczeichnerin bin ich eher ein Late-Bloomer: Ich habe etwa 2010 als Autodidaktin angefangen, erstmal einige Mini-Comics im Eigenverlag produziert (die sind inzwischen ausverkauft) und dann habe ich 2013 mit dem Projekt „Ach, so ist das?!“ begonnen und mich seitdem ziemlich viel mit genau diesem Projekt beschäftigt… 🙂

Welchen Vorteil hat das Erzählen in Comicform?

Martina Schradi: Es macht einfach unglaublich Spaß!! Beim Lesen, aber auch beim Erzählen und Zeichnen. Außerdem sind Comics niederschwellig und unterhaltsam und dadurch kannst du damit auch Themen zeigen, vor denen sich manche vielleicht sonst scheuen würden – z.B. das Thema geschlechtliche Vielfalt und sexuelle Orientierung. Da funktionieren Comics einfach super, egal ob jung oder alt, homo oder hetero, in Österreich, der Ukraine oder Kanada…

Die einzelnen Geschichten von „Ach, so ist das!?“ sind im Grunde unspektakulär, also keine Schlägereien, Stunts oder Massenszenen. Trotzdem kann man bei keiner Story vor dem Ende aufhören zu lesen. Ist die Realität besser als erfundene Geschichten?

Martina Schradi: In diesem Fall vielleicht schon: Die „Ach, so ist das?!“ Geschichten beruhen ja auf wahren Tatsachen, Geschehnissen, die Menschen wirklich erlebt haben. Und da glaube ich schreibt das Leben die besten Geschichten, so klischeehaft das jetzt auch klingt.  Es ist unglaublich was Leuten widerfährt, nur weil sie eine geschlechtliche Identität oder sexuelle Orientierung haben, die nicht der Mehrheit entspricht.

Martina Schradi - poster-3

Macht es einem heute, das Internet leichter, mit der eigenen Sexualität oder Geschlechterrolle zurechtzukommen, weil man sich leichter Infos beschaffen kann?

Martina Schradi: Ich glaube nicht, dass das etwas mit dem Internet zu tun hat, eher mit Veränderungen und Entwicklungen in der Gesellschaft. Wir haben ja hier einerseits tolle Fortschritte in Richtung Akzeptanz gemacht – Ehe für alle, 3. Option, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – ok ich weiß jetzt nicht, wie das in Österreich ist – auf der anderen Seite erleben wir gerade leider eher einen Backflash und menschenfeindliche Äußerungen nehmen von Seiten Politik und Gesellschaft zu.

Was ist deiner Meinung nach das Ausschlaggebende, damit sich jemand in seiner Rolle/in seiner Haut wohlfühlt?

Martina Schradi: Vorbilder, ein Umfeld der Gewaltfreiheit, der Akzeptanz und Offenheit und natürlich die rechtliche Situation – da gibt es ja in einigen Ländern massive Probleme, wenn z.B. im Iran auf homosexuelle Handlungen die Todesstrafe steht.

Wie gefällt dir das was Conchita (Wurst) macht und hat ihr Auftreten Einfluss auf das  LGBTI-Thema?

Martina Schradi: Ich finde sie super, auch wenn ich nicht ganz ihren Musikgeschmack teile 😉 Wenn Promis sich outen finde ich das toll und couragiert – das hat nicht nur auf die Community eine unglaublich empowernde, stärkende Wirkung, sondern zeigt der ganzen Welt, wie vielfältig Lebensweisen sind – some people are queer – get over it! 😉

Kannst du die Reaktionen auf das Projekt „Ach so ist das!?“ zusammenfassen?

Martina Schradi: Ich würde es im Nachhinein als kleinen Tsunami beschreiben: zahlreiche Ausstellungen und Comiclesungen in Europa, der Ukraine und Übersee, Übersetzungen in vier Sprachen und viele, viele Begegnungen und Gespräche mit interessierten Menschen – dagegen ist der bisschen Gegenwind der mir entgegenkommt lächerlich. Ich freue mich ungemein!

Hast du schon eine Idee für ein nächstes Comic-Projekt?

Martina Schradi: Ja, aber das verrate ich noch nicht 😉

(Interview Martina Schradi / Vienna COMIX, 2018)