Dalibor Talajić

Dalibor Talajić, (FB-Seite) ein Berserker, fast wie eine seiner bekanntesten Figuren die er schon gezeichnet hat (Deadpool) und er ist auch im Team des neu gegründeten US-Verlages AWA, der Spitzenzeichner*innen mehr künstlerische Freiheit bietet als andere große Verlage.

Foto von Dalibor Talajic

Wir haben den Stargast Dalibor Talajić anlässlich der Vienna COMIX 2022 interviewt.

Was ist deine erste Erinnerung im Zusammenhang mit Comics?

Spider – Man! Aber es gab damals kein übersetztes Spider-Man-Comic. Der Vater eines Freundes hat eines von einer Geschäftsreise in Italien mitgebracht. Das Comic hieß L’Uomo Ragno. Lange dachte ich, das sei sein Name. Als ich dann erfuhr, dass sein ursprünglicher Name Spider-Man war, klang das lahm. Ich verstehe immer noch nicht ganz, wie die Italiener es geschafft haben, seinen Namen zu übersetzen. Es sollte doch eine Marke sein?

In Jugoslawien gab es ja schon eine große Comic-Tradition, hast du als Kind einen Unterschied erkannt zwischen heimischen Comic-Produktionen und internationalen Comic-Heften?

Nun … thematisch ja. Es gab Comics aus dem Zweiten Weltkrieg, historische Comics, Adaptionen aus der klassischen kroatischen Literatur und es gab Teenager-Comics mit sozialen Themen. Während der New Wave-Zeit erschüttert NOVI KVADRAT (New Square) die Szene mit ihrer Vision des Mediums Comic. Sie waren progressiv und experimentell. Es war eine seltsame Zeit. Comics wurden offiziell nicht als wertvoll anerkannt (Novi Kvadrat änderte dies), aber sie waren unvermeidlich und sollten bestimmte soziale Werte fördern.

Wie kam es, dass du eigentlich den Weg zum Berufsmusiker eingeschlagen hast?

Meine Mutter war Ljiljana Molnar – Talajić,  eine berühmte Opernsängerin, sie hat tatsächlich ziemlich oft an der Staatsoper in Wien gesungen. Ich war ein Kind mit wirklich gutem Gehör, sie sah mich als großartigen Musiker und darüber gab es keine Diskussion.

Hast du nebenbei immer auch gezeichnet?

Ja. Immer. Deshalb war es wirklich ungerechtfertigt, mich zur Musik zu zwingen. Aber so war es – mein Leben wurde zur echten Comic-Geschichte – Musiker bei Tag, Comiczeichner bei Nacht. Und Comic war die einzige Art von Zeichnung, die mich je interessierte! Ich habe immer gezeichnet, ja, aber es waren immer Comics. In meinem Fall war es wirklich eine Berufung.

Hast du je Comics über Musiker gezeichnet?

Einmal habe ich einen Comic über Musik gezeichnet und geschrieben. Nikola Šubić Zrinski, der berühmte kroatische Krieger, als Thema für eine Comic-Serie über große historische Menschen unserer Nation. Der Auftrag kam jedoch am selben Morgen, als meine Mutter starb. Der Comic erzählt durch die Augen eines kleinen Jungen bei seinem ersten Opernbesuch, während einer Produktion über Zrinski. Es war also ein Geschichtsstück, aber es ging auch um mich, um meine Mutter und um Musik im Allgemeinen.

Was hat dir am meisten geholfen ein guter Zeichner zu werden – außer, viel zu zeichnen?

Kritik! Viel davon! Sehr harte Kritik. Ich sollte niemals gut sein. Aber es hat mich nie entmutigt, es hat mich wütend gemacht und nur meinen Ehrgeiz und mein Engagement angeheizt.

Als Musiker kann man sich mit Kolleg*innen treffen und zusammen improvisieren, eine Jam-Session machen, gibt es das mit anderen Zeichner*innen auch?

Oh Gott nein! Dafür sollte man fast täglich üben. Ich habe eine berufliche Laufbahn und bin Vater von zwei Kindern. Ich habe einfach keine Zeit. Manchmal bereue ich es, meine Klarinette vernachlässigt zu haben, aber… na ja… der Tag hat nur 24 Stunden.

Zeichnest du lieber auf Papier oder am Computer?

Papier! Immer! Ich benutze den Computer nur für Korrekturen an vorhandenen Grafiken. Ich weiß nicht genau, warum; auf diese Weise ist es persönlicher. Zumindest für mich. Und um ehrlich zu sein – ich war nie ein Computermensch. Videospiele, Spiele im Allgemeinen … das ging alles an mir vorbei.

Was machst du am liebsten, wenn du nicht arbeiten musst?

Ich schreibe. Ich habe ein Buch geschrieben, zufällig. Ich schrieb an einem Tagebuch. Es stellte sich als ziemlich interessant heraus und wurde zu einem Buch, das in Kroatien ziemlich erfolgreich wurde, also schrieb ich weiter. Aber nicht wegen des Erfolgs, mir wurde klar, dass ich das Schreiben liebte und es mich am meisten entspannt.

Du hast sehr viel für Marvel gezeichnet, was ist das schönste am Arbeiten für einen großen Verlag und was das unangenehmste?

Um ehrlich zu sein gibt es wirklich nichts Unangenehmes. Der Verlag ist sehr gut organisiert und effektiv, wenn du dich professionell verhältst, stehen sie dir wirklich zur Verfügung. Das Beste ist die gebotene Plattform. Marvel ist der größte Verlag und hat das größte Publikum. Wenn du es ernst nimmst, kann dein Namen wirklich groß aufgebaut werden.

Wie ist es zur ersten Zusammenarbeit mit Marvel gekommen?

Ich war einfach nervig und habe viele Portfolios verschickt, sie überall herumgeschickt. Und es war immer neues Material. Schließlich antwortete Axel Alonso, er würde mich als Deadpool-Künstler sehen. Der Rest ist Geschichte, wie man so sagt …

Du hast ja mit „Deadpool Kills the Marvel Universe“ schon eine Menge Comic-Helden in einer Serie zusammengebracht. Wen würdest du gerne noch in einer Geschichte aufeinandertreffen lassen? 

Ich würde gerne ein Thor-Comic machen. Eine klassische, epische, spektakuläre Thor-Geschichte: Mythen, fremde Welten, kosmische Aspekte … Ich würde gerne ein Conan-Comic machen. Ich liebe Fantasy und würde gerne Buscema / Alcalla, die mich geprägt haben, meinen Respekt zollen, … und ich würde immer nach Shang Chi zurückkehren. Als großer Bruce Lee-Fan war Shang Chi immer mein Favorit.

Jetzt gehörst du zum Team des neu gestarteten AWA-Verlages („Artists, Writers & Artisans“). Gibt es Unterschiede zu bisher gegründeten Verlagen?

AWA wurde von Bill Jemas und Axel Alonso gegründet. Axel und ich kennen uns lange, seit meinem Beginn bei Marvel. MARVEL bedient eine bestimmte Zielgruppe und schränkt damit seine Künstler ein. AWA kann wirklich tun, was zum Teufel es will. Und Axel war immer der Story-Typ, jetzt ist es an ihm, die Schriftsteller*innen frei und wirklich wild arbeiten zu lassen, ebenso die Künstler*innen. Zum Beispiel arbeite ich jetzt mit Jason Starr an einem unangekündigten Projekt, es ist ein Erotik-Thriller. Verrücktes Zeug! Nur eine Bedingung für Künstler*innen und Schriftsteller*innen: Gib dein Bestes!

Gibt es eine spezielle AWA Zielgruppe ?

Wie jeder ehrgeizige Verlag wollen sie so viele Leser*innen wie möglich ansprechen: Superhelden, Abenteuer, Horror, Drama, Verbrechen…. Alles ist in ihrem Programm. Ich würde sagen, PG-Alter und älter.

Dein erstes Comic für AWA ist „Hotell“. Wieviel willst du uns zum Inhalt verraten?

Es ist eine Anthologie, eine Miniserie mit vier Ausgaben. Jede Ausgabe ist eine in sich geschlossene Geschichte, jedoch kreuzen sich die Geschichten gelegentlich und kommen beim großen Finale zusammen. Es wurde hervorragend von John Lees geschrieben! Es sind eine Reihe von Geschichten über ein Hotel, das du eigentlich nicht finden kannst, denn es existiert nicht. Aber wenn die Zeit in deinem Leben kommt, wird das Hotel dich finden. Wenn es dich findet, wirst du mit Sicherheit einchecken, die Umstände werden dich zwingen. Aber um wieder auszuchecken … nun … das liegt an dem, was du in deiner Seele trägst…

Wie findet das Team zu einem AWA Comics zusammen. Bestimmen die Bosse, wer schreibt und wer zeichnet?

Sie bilden Teams. Axel ist einer der Redakteure, die die Künstler*innen besser kennen als sie sich selbst. Es war mehr als einmal, dass er mir einen Auftrag gab, von dem ich gar nichts hielt – und jedes Mal wurde ein karrierebestimmendes Projekt daraus.

Können sich junge Zeichner*innen einfach bei AWA bewerben oder ist es besser, wenn man wartet bis man „entdeckt“ wird, was ja heute durch das Internet leichter möglich ist.

Sie können sich jederzeit bewerben. Erst kürzlich gab es eine Show, in der Dulce Montoya, einer der Mitherausgeberinnen, Portfolios rezensierte.

Hast du selbst noch Zeit um Comics zu lesen, wirklich privat und aus reiner Neugier? Welche liest du gerne?

Ich lasse mich gern treiben und dabei etwas Interessantes entdecken, aber ich komme immer gerne zu meinen Lieblingstiteln zurück. Ich denke, ich lerne noch immer und möchte unbedingt den genialen Code knacken, den ich darin gesehen habe.

Was denkst du über die Superhelden-ComicVerfilmungen und glaubst du, bringen sie auch wieder mehr Menschen dazu Comics zu lesen?

Ich denke das tun sie. Während Marvel sich darüber beschwert, dass die Filme ihre Titel nicht so stark pushen, lenken sie die Aufmerksamkeit auf die Comics an sich. Ich meine, es gab nie mehr Verlage, selbstveröffentlichende Autoren oder Leute, die in der Branche arbeiteten. Es ist eine gute Zeit für Comics.

Was verbindest du mit Österreich? Gibt es etwas was dich hier besonders interessiert?

Ein paar Dinge. Die Staatsoper natürlich. Das Neujahrskonzert, das am 1. Januar jedes Jahres in der Wiener Philharmonie stattfindet. Der Prater! Und…. die Lippizaner!. Als mich meine Eltern als Kind nach Wien mitnahmen, gab es da eine Kette von Spielwarengeschäften und ich lebte ich für den Moment, wenn wir diese besuchten. Ich hoffe es gibt sie noch. Damals waren die wichtigsten Actionfiguren von BIG JIM. Ich frage mich, was heutzutage heiß ist …

Wordrap!

Die Vienna COMIX wird … das Ende der Welt!

Meer oder Berge … Meer

Wenn ich Deadpool wäre, dann würde ich … natürlich das Marveluniversum zerstören

Bester Klarinette-Spieler ever … Boki Milošević

Sport ist für mich … ich plane Sport zu treiben!

Auf ein Bierchen mit … dem Shang-Chi Regisseur Destin Daniel Cretton

Deadlines bei der Arbeit sind … meine besten Freunde

In einem Hotel fühle ich mich … zu Hause